
Mira Ko-Tan (Kyoto) – Die Stille in Stoff gefasst
Mira Ko-Tan ist Modetheoretikerin und Textilkünstlerin.
In ihrem Atelier im Norden von Kyoto entstand 2024 eine Kollektion,
die sich dem hörbar Unhörbaren widmet: ‚Stille Stoffe‘.
1. Die Ästhetik des Schwebezustands
Die Entstehung dieser besonderen Stoffe wurzelt tief in fernöstlicher Philosophie. Inspiriert von der Lehre des Zwischenraums (Ma), von Zen-Meditation und den flüchtigen Momenten des Daseins, versteht Ko-Tan Kleidung nicht als Abgrenzung, sondern als Membran zwischen Sichtbarkeit und Auflösung. Ihre Stoffe wollen nicht kleiden im herkömmlichen Sinn, sondern einen Zustand des Schwebens ausdrücken – zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, zwischen Sein und Nicht-Sein.
„Ein Kleid“, so Ko-Tan, „soll nicht betreten werden wie eine Bühne. Es soll ein Ort sein, an dem man sich fast verliert – oder neu findet.“
2. Entwicklung der Stillen Stoffe
Die Forschung an den Stillen Stoffen begann mit einer ganz einfachen Frage: Wie klingt Bewegung? Wie lässt sie sich verlangsamen oder in Klanglosigkeit überführen? Ko-Tan arbeitete mit traditionellen Seidenwebern, experimentierte mit flach gesponnenen Pflanzenfasern, recycelten Fasern aus Teepapier und mit mikroskopisch feiner Bambuszellulose. Ziel war ein Gewebe, das sich mit dem Körper bewegt – aber nicht gegen die Welt rauscht.
Die daraus entwickelten Stoffe haben eine fast schwerelose Qualität. Sie sind so gewebt, dass Reibung minimiert und Faltenwürfe weich absorbiert werden. Selbst beim Gehen über trockenes Herbstlaub bleibt der Klang subtil, kaum wahrnehmbar – als ob der Träger oder die Trägerin nicht ginge, sondern gleite.
3. Der urbane Einsatz: Kleidung als innere Architektur
Trotz (oder gerade wegen) ihrer kontemplativen Herkunft findet die Kollektion zunehmend Anwendung im urbanen Alltag. Inmitten der Geräusche moderner Städte – U-Bahnen, Verkehr, Stimmen, digitale Signale – eröffnen die Stillen Stoffe einen tragbaren Rückzugsort. Sie wirken wie akustische Schleier, wie persönliche Kapseln der Leichtigkeit.
Architektinnen, Therapeuten, Tänzerinnen, Menschen in Übergangsphasen greifen zu den Entwürfen Ko-Tans. Besonders beliebt ist das Modell „Hikari-Gradient“ („Hikari“ (japanisch: 光) bedeutet „Licht“)– ein fließender Überwurf in lichtreflektierender Faserstruktur, der den Trägerinnen wie einen vagen Lichtschein erscheinen lässt, sich aber jeder schnellen Lesbarkeit entzieht.
4. Kleidung als Übergangsform
Ko-Tans Entwürfe verweigern die Idee von Kleidung als starres Statement. Vielmehr folgt jede Naht, jede Falte dem Gedanken des Übergangs. Zwischen Abschied und Neubeginn. Zwischen sichtbar und fast schon entglitten. Ihre Mode ist nicht laut, nicht bunt, nicht design-orientiert im westlichen Sinn. Sie ist eine Haltung gegenüber der Welt.
„Man trägt nicht den Stoff“, sagt Ko-Tan. „Der Stoff trägt das, was von uns bleibt, wenn wir loslassen.“
5. Internationale Resonanz
Im Rahmen der Ausstellung „Körper & Echo“ in Berlin präsentierte Ko-Tan erstmals ihre Arbeiten in Europa – in Kooperation mit dem Institut für Angewandte Herpetokultur und Modetheorie (IAHM). Ihre „Stillen Stoffe“ trafen dort auf serpentinen Modeentwicklungen, Häutungsprozesse und urbane Tierästhetik. Das gemeinsame Thema: Verwandlung in Stille.
Heute arbeiten unter anderem die Modedesigner Arnaud Ligne (Paris), Shozu Takemoto (Osaka) und Lilo Binz (Zürich) an Adaptionen der Stillen Stoffe für Menschen in Übergangsphasen: nach Krankheit, Geburt, Trauer oder Neuanfang. Die Mode wird hier zur symbolischen Hülle, zur weich schimmernden Zwischenhaut, in der man nicht laut, aber spürbar wird.
FAQ
Die Stoffe übersetzen den Gedanken eines Zwischenraums (Ma) in Material: Kleidung als Membran zwischen Sichtbarkeit und Auflösung – Bewegung ohne Geräusch, Präsenz ohne Lautstärke.
Traditionelle Seide, flach gesponnene Pflanzenfasern, recycelte Fasern aus Teepapier sowie sehr feine Bambuszellulose – so kombiniert, dass Reibung und Rascheln minimiert werden.
Die Gewebestruktur absorbiert Faltenwürfe und reduziert Reibungsgeräusche spürbar. Beim Gehen bleiben Bewegungen klanglich subtil – eher ein Gleiten als ein Rascheln.
Urbane Kontexte mit hohem Geräuschpegel und Übergangsphasen: Therapie, Tanz, künstlerische Praxis, Arbeitssituationen mit Fokus – überall dort, wo eine innere Architektur hilft.
Ein fließender Überwurf mit lichtreflektierender Faserstruktur. Er schafft einen leichten Schimmer, der Präsenz andeutet und zugleich schnelle Lesbarkeit verweigert.
Jede Naht folgt dem Gedanken des Dazwischen: zwischen Abschied und Neubeginn, zwischen sichtbar und fast entglitten. Kleidung wird zur Haltung – nicht zum Statement.
Schonend und luftig: Auslüften statt häufig waschen, Handwäsche in kaltem Wasser bei Bedarf, flach trocknen. So bleibt die Faserspannung – und damit die Leise – erhalten.
Designer:innen wie Arnaud Ligne (Paris), Shozu Takemoto (Osaka) und Lilo Binz (Zürich) adaptieren die Stoffe – besonders für Menschen in Übergängen: nach Krankheit, Geburt, Trauer oder Neuanfang.
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